SICHUAN – MIT GEDULD ZUM GIPFEL

December 11, 2019

Wie reist man in China von einem Ort zum nächsten? Die Hochgeschwindigkeitszüge von einer Stadt zur anderen sind bequem und extrem effizient. Es gibt wie am Flughafen eine Gepäck-, Pass- und Ticket-Kontrolle. Ungefähr 20 Minuten vorher öffnet das Check-in. Diese ganze Prozedur dauert jeweils fast eine Stunde, zumal der Bahnhof jeweils riesig ist. Nach den grossen Städten Kunming und Chengdu sehnte ich mich nach den Bergen. Zum tibetischen Plateau der Provinz Sichuan fahren jedoch nur Busse. Die erste Herausforderung in Chengdu: den richtigen Busbahnhof zu finden. Die zweite Herausforderung am Schalter: das richtige Ticket zu kaufen, also den Ort richtig auszusprechen.

Eine herausfordernde Reise

Geduld und Vertrauen werden belohnt

Singend dem Gipfel entgegen

Atmen ging gut, ich hatte lediglich etwas Kopfschmerzen. Schlafen konnte ich kaum und um 3.00 Uhr in der Nach standen wir bereits wieder auf. Etwas hastig haben wir unser Morgenessen gegessen und einen erstaunlich guten Instant-Kaffee geschlürft. Um 4.00 Uhr starteten wir mit dem Aufstieg zum Gipfel. So langsam habe ich noch nie einem Gipfel bestiegen, dafür ging mir der Atem nicht aus.

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Einmal wurde meinem Partner und mir in einem kleinen Busbahnhof in den Bergen kein Bus-Ticket verkauft, sondern wir wurden angewiesen zu warten. Wir wussten nicht wieso, denn alle anderen kauften wie immer ihr Ticket. Nach über einer Stunde warten, führte uns jemand zu einem Bus. Gewissenhaft und etwas nervös fragten wir den Busfahrer, wo wir nun das Ticket bezahlen. Er tippte 100 in einen Taschenrechner, wir bezahlten die umgerechnet CHF 15.-- und stiegen in den Bus ein. Manchmal fällt es mir schwer geduldig zu sein und darauf zu vertrauen, dass wir am richtigen Ort ankommen. Doch Geduld und Vertrauen wurden belohnt – wir kamen schliesslich an der richtigen Kreuzung an.

Das tibetische Plateau der Provinz Sichuan

Die Busfahrt zum tibetischen Plateau hat sich gelohnt. In Moxi bewunderten wir den Hailuogou Gletscher und den höchsten Berg von Sichuan, den Minya Konka (7'556 m ü. M.). Durch einen Hostelbesitzer in Chengdu kamen wir in Kontakt mit Tim und seinen Eltern, welche die charmante Herberge Chang Ping Inn führen. Hier haben wir uns während fast einer Woche wie zu Hause gefühlt. Nicht nur weil wir umgeben von Bergen wohnten und fast jeden Tag die Sonne schien, sondern weil Tims Mutter vorzüglich kocht und wir von hier unser eindrücklichstes Trekking in China starteten.

Trekking zum Siguniang Shan Dà Feng (5'025m ü. M.)

Um 9.00 Uhr geht es los: Tim und die anderen Bergführer beluden die Maultiere und wir unterschrieben irgendwelche chinesische Formulare beim Parkeingang. Von 3'200 m ü. M. wanderten wir Schritt für Schritt aufwärts. Unterwegs bewunderten wir weidenden Yaks, die der Kälte trotzen und blickten auf naturbelassene Täler mit Tannenwälder und verschneiten Bergketten. Nach ungefähr sechs Stunden kamen wir im Basislager, auf 4'300 m ü. M. an. Während wir das Nachtlager in den Steinhütten vorbereiteten, fing es an zu schneien. Um 18.00 Uhr gab es bereits Abendessen und um 19.00 Uhr kuschelte ich mich im warmen Schlafsack ein.

Auf der Passhöhe wehte ein eisiger Wind, während wir durch den tiefen Schnee stapften. Plötzlich spürte ich, wie meine Kraft schwindet und es vor meinen Augen anfängt zu flimmern. So komme ich nicht auf den Gipfel, dachte ich mit Wehmut. Ich musste eine Pause einlegen, trank warmes Wasser und einen Schluck Cola. Sofort ging es mir besser. Je näher wir dem Gipfel kamen, umso lauter sangen die Bergführer. Langsam sah ich in der Dämmerung die Silhouetten der umliegenden Berge, dieser Anblick zusammen mit dem Gesang der Bergführern gab mir zusätzlich Kraft. Auf 5'025m ü. M. angekommen hatte ich Tränen in den Augen – dieses Panorama zu sehen war ein echtes Privileg. Langsam ging die Sonne über de Nebelmeer auf und es wurde wärmer. Jeder neue Tag ist ein Privileg, egal wo du ihn gerade startest.